Musiktheater von Benjamin van Bebber, Jannik Giger, Leo Hofmann, Jude Ellison Sady Doyle und Sarah Maria Sun
Saisoneröffnung 2022 am Gare du Nord, Basel
Das einstündige BBC-Interview des Journalisten Martin Bashir mit Diana, der Princess of Wales, ist das letzte ausgiebige Statement einer der meistfotografierten und einflussreichsten Frauen ihrer Zeit. Nicht nur durch den Netflix Superhit „The Crown“ zieht die Queen of Hearts derzeit wieder posthume Aufmerksamkeit auf sich. Auch das Interview selbst ist wieder und wieder Stein des Anstoßes und Gegenstand medien-ethischer Verhandlungen. In dem Interview zeigt sich Diana als eine Frau, die sich mit schwindelerregender Ambivalenz und Präzision selbst inszeniert – als angreifbare, authentische Privatperson, als humanitär, familiär und feministisch engagierte Frau und zugleich als ungreifbares, unwirkliches Bild, als „Königin der Herzen“ und Populistin der Fürsorge. Sie erfüllt ihre märchenhafte Rolle als Prinzessin und subvertiert sie zugleich, ist Idealbild und Abweichlerin. Stets diplomatisch wird sie zur machtvollen Angreiferin, während sie pointiert und wie nebenbei Fragen von struktureller Gewalt, Sexismus und Medienmacht aus einem explizit weiblichen Blickwinkel adressiert.
Das ikonische Interview mit der Princess of Wales dient als Ausgangsmaterial und historisches Exempel, um den komplexen Verhältnissen von Medienmacht und Selbstermächtigung, Öffentlichkeit und Privatheit, Politik und Emotion aus einem zeitgenössischen, feministischen Blickwinkel zu begegnen. Queen of Hearts schafft einen Kosmos, der das Unausgesprochene, den assoziativen Echoraum und zeitgenössischen Kontext des Interviews auslotet. In einer schauspielerischen und musikalischen Achterbahnfahrt wechselt die Inszenierung zwischen Tragik, absurder Komik, zwischen Kammeroper und multimedialer Performanceund steuert unaufhaltsam auf das Fatum zu: den parabelartigen Unfall-Tod der Prinzessin im Blitzlichtgewitter der Paparazzi.
Ein Kompositionsauftrag von Gare du Nord, gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung, Fondation Nicati-de Luze und die Fondation Suisa. Unterstützt durch Pro Helvetia und die Ernst Göhner Stiftung.